Mittwoch, 22. November 2017

Mikwe in Friedberg



Für knapp eine Woche bin ich in Friedberg (Hessen) zu einer Weiterbildung, die mich im kommenden Jahr noch ein paar Mal hierher führen wird. Untergebracht bin ich dabei in diesem schönen Haus auf der Kaiserstrasse direkt neben der Burg.
Ein paar Straßen hinter dem Haus befindet sich die Judengasse, die darauf hinweist, dass es hier einmal eine jüdische Gemeinde gegeben hat. Die Synagoge wurde erstmals 1241 erwähnt. In der Reichskristallnacht 1938 wurde sie in Brand gesteckt und ein Jahr später abgerissen. 
 

Seit ein paar Tagen ist die ehemaligen Synagoge an der Hauswand gegenüber wieder spiegelbildlich zu sehen. Dies ist in einem Kunstprojekt (VerWandlung) mit Schülern der Stadt entstanden und war mehr als nur eine Wandgestaltung, denn es trägt auf zeitgemäße Art zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer des Pogroms bei.


Das Haus in der Judengasse 20 ist ein neugotisches Gebäude aus dem Jahre 1903 und von außen kann man ihm nicht ansehen, dass sich hier im Hinterhaus der Zugang zu einer Mikwe befindet, die ihresgleichen sucht. Es ist die größte Anlage in der Reihe mittelalterlicher Monumentalmikwen. 


72 Stufen führen in eine Tiefe von ca. 25 Metern hinab zum frischen Grundwasser um dort baden zu können. Vorgeschrieben war ein rituelles Tauchbad für Frauen vor der Hochzeit, nach der Geburt und nach jeder Menstruation. Für Männer war es vor dem Schabbat und vor Feiertagen empfohlen.
Rituelle Reinheit konnte durch vollständiges Untertauchen in einer Mikwe erlangt werden. Um dies zu ermöglichen wurde diese Anlage mit Säulen, verzierten Kapitellen und Halbbögen in der Mitte des 13. Jahrhunderts geschaffen.


Donnerstag, 2. November 2017

sie leben noch


Willkommen in der DDR!




Sie leben noch – die alten Gedanken! 

Was hat diesen Staat, diese Diktatur (des Proletariats), die es seit 28 Jahren nicht mehr gibt, ausgemacht und wie geht man mit den Überresten um? 


In Pirna gibt es ein Museum, in dem ein Stück DDR-Vergangenheit gesammelt und gezeigt wird. Das ist sicher interessant, weil es viele Besucher in ihre Kindheit oder Jugendzeit zurückversetzt oder schlimmer: an ihr aktives Mitwirken in diesem Unrechtsstaat.



Beim Besuch in dieser ehemaligen Kaserne wird mir bewusst: Sammeln und Ausstellen von Dingen aus diesem System ist noch keine Vergangenheitsbewältigung – im Gegenteil; ich hatte eher das Gefühl einer Glorifizierung der guten alten Zeit. Da waren sie wieder die alten Genossen und die Sprüche, die sie verbreitet haben. Von den 10 Geboten des Sozialismus bis zu den Bannern mit all den Parolen.



Dass im Hintergrund Musik aus der DDR-Zeit lief, mag zur Idee des Museums gehören. Die Unfreundlichkeit an der Kasse erinnerte zwar auch an alte Zeiten, ist aber fehl am Platz. Und noch schlimmer wurde es auf einem Hinweisschild, wo dem Besucher sogar mit Polizeigewalt gedroht wurde, wenn er die Absperrung nicht beachtet. Das Schild war leider kein Museumsstück der damaligen Zeit, sondern neu geschrieben. (Leider hab ich es nicht fotografiert.)

 

Das „Kollektiv“ (was ist das denn?) des Museums bedankt sich bei allen, die zur Sammlung beigetragen haben, besonders beim Nachlass des DDR-Fotografen Hartmut Schorsch, der sich hier noch einmal wie zu DDR-Zeiten feiern lässt.

 

Erinnern und Staunen reicht aber nicht. Eine kritische Reflexion der Vergangenheit wäre angebracht und ein Museumskonzept der durchaus sehenswerten Sammlung könnte auch nicht schaden.



Der Weg zu den blühenden Landschaften ist noch weit; kein Wunder, denn die alten Gedanken sind damals tief verwurzelt und eingebrannt worden, wie man im Museum erfährt – Demokratie zu lernen ist dagegen nicht leicht, vor allem, wenn man nur auf der Stelle tritt. 

 

PS. Wieso schwelgen die Leute so gern in der Vergangenheit bei dem Bierpreis von damals?   -   Prost!


oder sollte ich lieber sagen "Seid bereit!" für den Weg in eine neue Zeit.