Sonntag, 26. April 2020

gelbes Meer



Der Raps blüht bereits - fast unbemerkt, da wir immer noch alle daheim bleiben sollen. Es war ein tolles Gefühl in diesen Duft einzutauchen. Wie geht es wohl weiter, bzw. wohin führt uns der Weg?




Heute ist der 41. Tag der Krise und wir haben jetzt 157 000 Infizierte und 5913 Todesfälle in Deutschland. Ab morgen gibt es bundesweit eine Maskenpflicht.


Aber nicht nur der Raps blüht und duftet, sondern auch der Flieder. Karl Kraus hat am Ende des Ersten Weltkrieges dazu folgende Zeilen geschrieben:


Nun weiß ich doch, 's ist Frühling wieder. Ich sah es nicht vor so viel Nacht und lange hatt' ich's nicht gedacht. Nun merk' ich erst, schon blüht der Flieder.


Wie fand ich das Geheimnis wieder? Man hatte mich darum gebracht. Was hat die Welt aus uns gemacht! Ich dreh' mich um, da blüht der Flieder.

Und danke Gott, er schuf mich wieder, indem er wiederschuf die Pracht. Sie anzuschauen aufgewacht, so bleib' ich stehn. Noch blüht der Flieder.

Samstag, 11. April 2020

Ostern



Diese Ostereier habe ich in Rain am Lech entdeckt, ebenso den Osterbrunnen. Auch wenn dieses Jahr vieles anders ist, Ostern findet trotzdem statt, denn
die Auferstehung Christi macht offenbar, dass wir Zukunft haben. Leiden und Tod verlieren dadurch nichts von ihrer Bitterkeit, aber sie erscheinen in einem neuen Licht.“ (D.Bonhoeffer)
Und weil das so ist, gibt es zu Ostern auch die Tradition des Osterlachens. Kennt ihr den schon:
Ein Paar mit Atemschutzmasken kommt in die Postbank. Alle sind in Panik. Da rufen die beiden: „Beruhigt euch. Ist nur ein Bankraub.“ :-)
Der Witz kommt aus Israel. Die Israelis sind ja bekannt für ihren Galgenhumor und Krisenzeiten sind Boomzeiten für Witze. Also noch einen:
An einer der typischen Falafelbuden hängt ein Schild: „An alle, die sich über den neuen Geschmack des Schwarmas und der Falafeln in letzter Zeit beklagt haben: Macht euch keine Sorgen! Der Grund dafür ist, dass unsere Mitarbeiter sich die Hände waschen. Mit Gottes Hilfe wird der ursprüngliche Geschmack bald wieder zurückkehren.“
Ein anderer Israeli schreibt aus der häuslichen Isolierhaft: „Meine Frau und ich sind in Quarantäne. Nach zwei Tagen haben wir angefangen, miteinander zu reden. Sie ist eigentlich eine sehr nette Frau.“
Ich wünsche Euch trotz Allem frohe und gesegnete Ostertage. Halleluja.




Freitag, 10. April 2020

Maria im Elend


 

Vorgestern habe ich diesen einsam Wallfahrtsort besucht. Er liegt direkt 
an meinem Arbeitsweg, daher war es mir möglich, bei dem schönen Wetter 
trotzt Ausgangsbeschränkungen dahin zu fahren. 
 
An dem Kreuz ist eine kleine Tafel mit folgendem Spruch angebracht:

Freund, 
wo gehst Du hin? 
Vergiß nicht, dass ich
Dein Erlöser bin!
Dass ich gelitten hab
für Dich.
Darum bleib stehn
und grüße mich!“ 
 
  
Im Jahr 1704 gelobte der Kuhhirte Nikolaus Kiegele, dem Wald drei Kühe 
entlaufen waren, eine Marienkapelle zu errichten. Nach deren glücklichem Auffinden 
errichtete er am Fundort eine kleine hölzerne Kapelle, die später durch einen Neubau 
ersetzt wurde und zu der bis heute die Menschen pilgern.
 
Die Kapelle hat den Namen „Maria im Elend“ 
und der Name weist auf die dezentrale Lage der Kapelle hin.


Die Wallfahrtskapelle ist nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und Radfahrer, sondern sie wird auch für Hochzeiten genutzt und im Mai findet hier die alljährliche Soldatenwallfahrt statt.

 
Damals hat ein Viehhirte aus Dankbarkeit diese Kapelle errichtet. Nach dem Abklingen 
der Pest im Jahre 1679 hat man zum Dank Pestsäulen und Pestkreuze errichtet. 
Auch die weltweit bekanntesten Passionsspiele von Oberammergau, 
die in diesem Jahr wegen der Pandemie nicht stattfinden können, 
gehen auf die Einlösung eines Versprechens nach der überstandenen Pest zurück.
Ich bin gespannt, ob irgendwer zum Dank ein großes oder kleines Heiligtum 
errichten wird, nachdem wir die momentane Corona-Pandemie überstanden haben, 
die bisher weltweit über 100 000 Todesopfer gefordert hat.
 
 

Donnerstag, 9. April 2020

Gründonnerstag



Zum Gründonnerstag gehört eigentlich die Feier des Letzten Abendmahles, d.h. alle sind eingeladen, miteinander zu essen so wie Jesus es damals mit seinen Freunden im Angesicht des Todes getan hat. Gemeinsam an einem großen Tisch zu sitzen und zu essen, ist momentan nicht möglich. Trotzdem ist es möglich, mit den anderen zu teilen und so Gemeinschaft miteinander zu haben, wie dieser „Gabenzaun“ vor der Ulrichsbasilika beweist.


Auch wenn in diesem Jahr angesichts der Pandemie alle liturgischen Feiern der Kar- und Ostertage abgesagt sind, findet Ostern trotzdem statt, wenngleich völlig anders als wir es uns bisher wünschen und vorstellen konnten und wollten:


Gründonnerstag: Im Rahmen der aktuellen Pandemie engagieren sich unzählige Menschen haupt- und ehrenamtlich und praktizieren so konkret den jesuanischen Dienst der Fußwaschung aus dem alljährlichen Tagesevangelium vom Gründonnerstag. Andere dagegen erleben angstvolle Ölbergstunden.


Karfreitag: Wie Christus am Kreuz sehen auch heute erschreckend viele Sterbende einem Tod in Einsamkeit und Verlassenheit entgegen. Andere hängen und bangen psychisch, physisch, wirtschaftlich und sozial ‚zwischen Himmel und Erde‘ – ohne Perspektive, Halt und Unterstützung. Atemnot und Erstickungsgefahr!
Karsamstag: Sehr konkret erleben und spüren viele junge und alte Menschen die Leere, Stille und Öde dieses Tages, wie wir sie sonst allenfalls aus frommen Meditationen und Liedern kennen. Grabesruhe auf Spielplätzen, in Städten, Straßen, Geschäften, Lokalen, Kneipen, Fabriken, Museen, Kinos, Stadien…




Heute ist der 24. Tag der Krise und wir haben jetzt 115 000 Infizierte und 2450 Todesfälle in Deutschland.

Sonntag, 5. April 2020

Palmsonntag



Wie feiert man Palmsonntag, wenn alle Gottesdienste abgesagt sind? Gott sei Dank muss ich mir diese Frage nicht stellen, denn es sind ja nur alle öffentlichen Gottesdienste abgesagt. So habe ich die Möglichkeit, hinter dicken Gefängnismauern, nachdem ich 10 Türen auf- und wieder zugeschlossen habe, mit meinen „Klienten“ Gottesdienst zu feiern. Das hat vermutlich als ersten Grund, Zustände wie in Italien zu vermeiden. Dort sind die Gefangenen aufgrund der weiteren Beschränkungen auf Dach gestiegen. Das wollen wir hier natürlich nicht und so gibt es als eines der wenigen Angebote für die Gefangenen noch die Möglichkeit zum Gottesdienst. Allerdings mit dem gebotenen Abstand, denn der Virus kann bekanntlich nicht lesen und macht auch vor verschlossenen Türen nicht Halt. So bin ich gestern und heute 4 Mal mit ca. 15 Gefangene in Gedanken nach Jerusalem eingezogen und habe mit ihnen „Hosianna“ gerufen. Hosianna – ein Jubel- und Hilferuf aus dem Psalm 118. An Aktualität hat dieser Ruf auch nach über 2000 Jahren nichts eingebüßt, da er zu gut Deutsch soviel wie „Ach Herr, bring doch Rettung“ heißt.
Ich war überrascht, mit welcher Andacht die Gefangenen mitgefeiert haben und hoffe, dass dies nicht nur daran lag, dass sie weit auseinander saßen und so keine Chance hatten, mit ihrem Nachbarn zu schwatzen oder andere Geschäfte zu machen.



Ein Gefangener hat für den Gottesdienst folgendes Gebet geschrieben:
Herr unser Gott, uns befallen Ohnmacht und Angst, Mutlosigkeit und Ungewissheit, Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit, Wut und innere Kämpfe. Ja, die Angst vor dem Virus hat auch unseren Gefängnisalltag in Besitz genommen.
Mit dem Nicht-Wissen, wie unsere Familien und Freunde da draußen auf der anderen Seite der Mauer ihren schwierigen Alltag ohne uns meistern, steigert sich unsere Machtlosigkeit und raubt uns den klaren Gedanken.
So bitten wir dich, gib uns Kraft und Stärke.
Lass unsere innersten Gedanken frei sein bei unseren Lieben da draußen, lass unsere Gedanken die Mauern überwinden, um wenigstens gedanklich einen kurzen Moment bei unseren Familien und Freunden zu sein.
Gib uns auch die Kraft und die notwendige Ruhe, die wir bewahren müssen, damit wir nicht in andauernde Unruhe verfallen.
AMEN.“


Auf dem Rückweg vom Gefängnis war die Straße wie leergefegt und so entdeckte ich im Vorbeifahren dieses Transparent an einer Hauswand. Nicht umsonst, denn heute ist der 20. Tag der Krise und wir haben jetzt 97.000 Infizierte und 1478 Todesfälle in Deutschland.