Kunst
macht Mehrzweckraum zum Kraftort für Gebete
(Foto:
Andreas Lode)
Vom
Mehrzweckraum zum Ort für Gebete:
(Text
von Petra Krauß-Stelzer in Augsburger Allgemeine)
Es
war der von Papst Franziskus im Rahmen des Jahres der Barmherzigkeit
ausgerufene Tag der Gefangenen, an dem ein nüchterner Mehrzweckraum
in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg-Gablingen gestalterisch
zu einem Raum für Gottesdienste wurde – einem Raum, in dem die
Inhaftierten Gott ihre Bitten darbringen können.
In
einem von den anwesenden Gefangenen musikalisch gestalteten
Gottesdienst weihte Domkapitular Prälat Bertram Meier einen von
Künstler Nikodemus Löffl gestalteten Altar und ein von Künstler
Egon Stöckle geschaffenes Kreuz ein.
Das
Besondere an den sakralen Kunstwerken: Sie sind mobil und machen den
Mehrzweckraum nach Bedarf zu einem Raum voller Andacht und
Spiritualität. So wirken Altar und Kreuz für Felix Landgraf,
Kunstreferent der Diözese Augsburg, wie „Kraftorte“. Der
evangelische Pfarrer Roland Höhn führte durch den Gottesdienst, bei
dem, unterbrochen von Gebeten, Evangelium und Predigt, der
katholische Seelsorger Michael Barnt zusammen mit den Künstlern nach
und nach die Kunstwerke vor den Besuchern aufstellte: Zunächst eine
stabile Stele für die Osterkerze, neben der der Ambo – ein Pult
für Lesungen – zu stehen kam, beides aus der Hand von Nikodemus
Löffl. Unterstützt von den Gefangenen, bauten Löffl und Barnt den
Stabilität ausstrahlenden vierteiligen Altar aus Pappelholz auf.
Ebenfalls gemeinsam auf einen Sockel aufgesteckt und zusammengesetzt
wurde das von Egon Stöckle geschaffene Kreuz aus Eiche.
„Hier
muss Kirche immer wieder neu entstehen, wenn man Gottesdienst feiern
will“, erklärt der bei Erding lebende und arbeitende Holzbildhauer
Nikodemus Löffl sein Werk: Man muss die mit einer Kettensäge
geschaffenen Holzteile gemeinsam hereintragen und zusammenbauen: die
beiden aus jeweils einem Stück gesägten Böcke und die aus einem
Stamm gesägten beiden Teile der Tischplatte, die auf die Böcke
gelegt werden. Die durch den Mehrzweckraum bedingte Mobilität der
Kunstwerke unterstreiche das konstruktive, temporäre Element. Sein
Anliegen sei gewesen, mit der Gestaltung vom Altar, Ambo und
Kerzenhalter sich bewusst von der rechteckigen Konzeption des
Gefängnisbaus abzuheben, sagt der 56-jährige Löffl. Das Kreuz für
einen Gottesdienstraum in einem Gefängnis sei kein anderes als für
eine „normale“ Kirche, sagt Egon Stöckle. Wie Löffls Altar ist
auch das fragile Kreuz, das der 80-jährige, in Hohenfurch lebende
Bildhauer geschaffen hat, zusammensetzbar.
Es ist kein geschnitzter
Christus; die Spiritualität ausstrahlende Figur, zusammengesetzt aus
schmalen Holzteilen, das Gesicht gespalten in zwei Teilen, die Arme
angesetzt, symbolisiert die Zerstörung der Existenz Jesu durch den
Menschen, gleichermaßen aber wieder Einheit und Heilung des
verletzten Menschen. Über dem Haupt ist ein goldene Krone in das
Kreuz eingeritzt – die Gestaltung erinnert an den vor Jahren von
Stöckle für die Kapelle des Klinikums Augsburg geschaffenen
„Christus im Kreuz“.
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