Dienstag
17.10.
Nachdem
wir in Tel Aviv gelandet sind, bringt uns der Zug vom Flughafen nach
Bet Schemesch. Es gibt leider keinen Sitzplatz mehr, und so bleiben
wir im letzten Abteil des Zuges, wo Platz für Fahrräder und Koffer
ist, stehen. Es ist bereits 18:00 Uhr und auf einmal beginnt ein Mann
im Abteil zunächst leise murmelnd sein Abendgebet zu verrichten.
Sein Gebetbuch hat er dabei und seine Kleidung verrät seine
Religion. Es dauert nun nicht lange und er bekommt Gesellschaft, der
Wagen füllt sich und plötzlich stehen ca. 15 Männer im Abteil, die
gemeinsam lautstark ihr Gebet verrichten. Dabei schauen sie alle in
die gleiche Richtung zur Wand und bewegen ihren Körper rhythmisch
zum Gebet, wie es der Brauch ist. Nach ungefähr fünf Minuten löst
sich die Gruppe wieder auf und jeder geht an seinen Platz zurück.
Mittwoch
18. 10.
Mit
Anette fahren wir nach Jerusalem. Während sie ins Büro muss, haben
wir ein paar Stunden Zeit, in Ruhe durch die Stadt zu bummeln. Wir
haben kein Ziel und lassen uns überraschen, wo uns unsere Füße
hintragen. Vorbei am Jaffa-Tor gehen wir zur Dormitio. Dort treffen
wir Emil, der lange Zeit in der Erlöserkirche gearbeitet hat. Nach
dem Mittagsgebet trinken wir noch eine Tasse heiße Schokolade, bevor
wir weiterziehen.
Unsere
Füße führen uns durch das Zionstor und diesmal auf der
Altstadtmauer hinab zur Kotel (Klagemauer). Wir finden zwei freie
Plastikstühle im Schatten mit Blick auf den Platz, so können wir in
Ruhe das Treiben vor der Mauer beobachten. Später gehe ich zur
Mauer, der ich alle (mir aufgetragenen und eigenen) Wünsche,
Hoffungen und Gebete anvertraue.
Dann
geht es weiter durch den arabischen Teil der Altstadt. Auf dem Weg
trinke ich einen frisch gepressten Granatapfelsaft (für 10 NIS =
2,50 €).
Auf
der Via Dolorosa schauen wir uns diesmal die armenische Kirche an der
4. Station an, An der 6. Station wollen wir Sr. Roos besuchen, die
aber diesmal nicht da ist und als wir weitergehen, sehe ich, dass die
Tür zur kleinen Kapelle an der 7. Station geöffnet ist. So können
wir einen kurzen Blick hineinwerfen, was nur selten möglich ist.
Als
nächstes trinken wir einen Tee bei Nadar, dem Händler, den wir seit
Jahren regelmäßig besuchen und der sich freut, uns wiederzusehen.
Er freut sich natürlich noch mehr, dass wir bei einkaufen, diesmal
sind es Ohrringe für meine Mutter, die demnächst ihren 75.
Geburtstag feiert.
Dann
geht es zurück zu Anette, die uns am Abend ins Theater zu einer
Aufführung des Jerusalemer Symphonieorchesters mitnimmt. Dort
erfahre ich, was „Chuzpe“ bedeutet: Da die es vergünstigte
Restkarten waren, hatten wir leider getrennt Plätze. Monika war zwei
Reihen hinter mir und so wartete ich am Rand, um ggf. mit jemanden
meine Karte zu tauschen, damit wir zusammen sitzen können. Plötzlich
saß eine ältere Frau auf meinem Platz und als ich sie daraufhin
ansprach, sagte sie (auf hebräisch aber mit russischen Akzent) dass
sie das wüsste, aber von hier nicht mehr weggeht. Der Platz gefällt
ihr, da er am Rand und gleich am Ausgang war. Na, toll. Ich versuchte
es noch zwei Mal und unterdessen mischten sich auch die Nachbarn
schin mit ein, aber ich bekam immer die gleiche Antwort und sie hielt
mir ihre Karten zum Tausch hin. Die waren für die erste Reihe –
klar, wer will schon in der ersten Reihe sitzen, zumal wenn die noch
tiefer liegt als die Bühne.
Eine
Platzanweiserin konnte sie dann doch dazu bewegen, sich auf einen
anderen Platz als dem meinen niederzulasse. Das Gute an diesem
Zwischenfall war, das der Mann neben Monika fragte, was denn da los
war und dann gern freiwillig mit mir tauschte so dass wir zwei Plätze
nebeneinander hatten.
Donnerstag
19.10.
Anette
hat heute wieder normal Dienst in Tel Aviv und so fahren wir
gemeinsam mit ihr zunächst mit dem Auto nach Bet Schemesch und dann
mit dem Zug in die Stadt, die niemals schläft. Zu Fuß bummeln wir
zur Dizengoff-Straße, die früher einmal das Herz der Stadt war, und
erfreuen uns an den vielen schönen Häusern im Bauhaus-Stil. Es ist
laut, als wir am Dizengoff-Platz einen Kaffee trinken, denn hier wird
gebaut. Der Springbrunnen, ein Wahrzeichen von Tel Aviv und in jedem
Reiseführere zu finden, ist verschwunden.
Er
ist momentan in seine Einzelteile zerlegt und in Kisten verpackt. Der
berühmte Brunnen des Künstlers Yaacov Agam wird restauriert und
wieder ebenerdig angelegt, nachdem er jahrzehntelang auf einem
Plateau oberhalb der Straße gestanden hatte.
Es
ist heiß, der Hamsin kündigt sich an, denn die Luft ist trocken und
sandig, hier am Meer ist es noch einigermaßen auszuhalten. Mein Hemd
ist schon wieder durchgeschwitzt.
Wir
fahren relativ zeitig wieder zurück, gehen eikaufen, kochen
gemeinsam und verbringen einen schönen Abend.
Freitag,
20.10.
Frühstück,
Transfer zum Busbahnhof, um 14:00 Uhr geht der Bus Nr. 444 nach
Eilat. Tickets haben wir bereits online gekauft und mit der
Registriernummer und unserer Pass-Nr. 12345678 bekommen wir die
Tickets am Automaten ausgedruckt. (70,- NIS wie im vergangenem Jahr,
entsprechen diesmal 15,- €) Pünktlich um 2 startet der Bus. Es
geht non stop durch Jerusalem, die erste Haltestelle ist die
Adumim-Kreuzung, dann geht es weiter hinab zum Toten Meer, vorbei an
Qumran und Mazada, nach 2 ½ Stunden Fahrt durch die Wüste eine
kurze Pause und nach 4 Stunden steigen wir an der Straßenkreuzung
zum Kibbutz Samar aus.
Es
ist noch heiß, die Sonne, die die ganze Zeit auf den Bus
heruntergebrezelt hat, geht langsam unter und wir werden bereits von
Dafna mit dem Auto erwartet.
Es
ist schön, sich nach über einem Jahr wiederzusehen. Wir essen
gemeinsam im Speisesaal des Kibbutz (Jeder nimmt sich was und wieviel
er möchte) dann ist noch etwas Zeit zum Duschen und um 21:30 Uhr
fahren wir zur Dattelplantage, wo wir mit Dafna bis zum nächsten
Morgen um 6:00 Uhr Wache halten. (Nicht nur uns schmecken die
leckeren Madjule-Datteln) Wir trinken Tee, sortieren Datteln,
entstengeln getrocknete Teepflanzen und fahren hin und wieder eine
Runde um die Plantage. Es sind schon einige Bäume die hier wachsen,
ich erfahre, welche Sorten von Datteln es gibt und dass man von einer
Palme über 100 kg Datteln pro Jahr ernten kann.
Dann
mach ich mich noch etwas mehr mit meinem Fotapparat vertraut und
knipse ein paar Bilder vom Sternhimmel, der hier jede Nacht
gigantisch zu sehen ist, denn Wolken gibt es keine und auch kein
steuendes Licht von Großstädten in der Nähe.
Samstag
21.10.
Der
Tag ist kurz, wir schlafen bis 14:00 Uhr, helfen noch bei der Arbeit
im Kibbutz und zum Sonnenuntergang machen wir ein Picknick auf der
großen Sanddüne.
Sonntag
22.10.
6:30
Uhr klingelt der Wecker. Wieso eigentlich so früh? War nicht 7:00
Uhr ausgemacht? Nun gut, dann mache ich halt ein paar Fotos vom
Sonnenaufgang über den Bergen von Jordanien, während Monika schon
mal das Zimmer in den Ausgangszustand versetzt.
Für den heutigen Tag
steht Autofahren auf dem Programm, und zwar einmal durch das ganze
Land vom Süden bis in den Norden zum Kibbutz Sasa, wo Dafnas Eltern
wohnen.
Lange
Zeit fahren wir durch die Wüste. In En Gedi machen wir einen kurzen
Stopp zum Picknick im Schatten einer Akazie. Dann geht es weiter am
Toten Meer entlang und ich bin entsetzt, wie weit sich das Tote Meer
zurückgezogen hat, denn es sinkt jedes Jahr um ca. ½ Meter. Dafna
zeigt uns eine alte Markierung, wo das Wasser vor 100 Jahren
gestanden hat. Das wäre oberhalb der jetzigen Straße gewesen –
unglaublich, wenn ich sehe, wie weit es jetzt unterhalb der Straße
ist.
Der
nächste Stop ist an der Lido-Kreuzung, die eigentlich nur eine Kurfe
ist, denn die Straße, die da einbiegt, geht bereits ins Grenzgebiet
zu Jordanien. Fährt man trotzdem ein paar Meter hinein, kommt man zu
diesen baulichen Überresten, die eigentlich eine schöne Gaststätte
mit einem noch schöneren Ausblick hätten werden sollen. Aber
politisch heikle Lage ließ dies nicht zu. Schade.
Dann
ging es weiter durch das Jordantal hinauf zum See Genezareth. Ein
kurzer Stop in Kursi (= Gerasa, Ihr wisst schon, da wo die Schweine
ins Wasser gewandert sind) ;-) 30 Minuten haben wir noch um die
Überreste der alten byzantinischen Kirche anzuschauen, denn um 17:00
Uhr wird hier dicht gemacht.
Weiter geht es um den See herum, wir
wollen unserer alten Wirkungsstätte in Tabgha einen Besuch
abstatten, aber auch dort ist das Tor bereits zu, um sich vor
Touristen zu schützen. Daher fahren wir weiter hinauf zum Berg der
Seligpreisungen, halten -wieder nur kurz- an der „neuen“, vom
Papst im Jahr 2000 eingeweihten Pilgerstätte des Neo-Katechumenalen
Weges an.
Anschließend darf Monika weiterfahren. Beim Losfahren hat sie im
Rückwärtsgang erst mal ein Verkehrsschild umgenietet – das hat
aber keiner gemerkt und ich konnte es leider auch nicht sehen, da sie
mit ihrem Arm den Bildschirm der Rückfahrkamera verdeckt hatte. Es
blieb bei dem einen Schild. ;-)
Montag
23.10.
Den
Tag verbringen wir im Kibbutz Sasa. Im Speisesaal gibt es Frühstück
und später Mittag (hier wird unterdessen quittiert, wer was und wann
ißt). Wir pflücken Oliven und lernen noch ein wenig das hiesige
Kibbutzleben kennen, bevor uns Dafna nach Naharia bringt. Von dort
geht es mit dem Zug am Mittelmeer zurück. Unterwegs versinkt die
glutrote Sonne im Mittelmeer. In Tel Aviv steigen wir um und treffen
Anette wieder. Im Zug nach Bet Schemesch wird der letzte Waggon
wieder zur fahrenden Synagoge. Für mich wird es dadurch für kurze
zeit bequemer, da mein jüdischer Sitznachbar alles stehen und liegen
lässt und zum beten nach hinten geht. Ab und zu dringt das laute
Gemurmel bis zu meinem Platz.
Dienstag,
24.10.
Ausschlafen,
Frühstücken, Einkaufen in Jerusalem. Anette braucht Katzenfutter
und eine neue Brille (das Leben ist wie eine Brille – man macht
viel durch). Wir bummeln noch durch einen Second-Hand-Laden und ich
mache noch Fotos von allen Anzeigen und Schildern, damit ich daheim
fleißig weiter Hebräisch üben kann. Wir fahren zurück, noch eine
Runde durchs Dorf bzw. die Stadt und sind entsetzt über die riesigen
Baustellen der neuen Wohnhäuser.
Anschließend
montieren wir die neue Brille und dazu gleich noch einen Spülkasten
(liebevoll „Niagara“ genannt) was wir anschließend mit einem
Festessen feiern. (Dazu gibt es Injera, welches Anette aus Teff
gebacken hat. Das hat drei Tage gedauert und sieht aus wie
Elefantenohren. Ihr wisst nicht was das ist? Dann fragt doch mal Siri
oder Alexa.)
Mittwoch
25.10.
Es
gibt eine alternative Möglichkeit nach Jerusalem zu gelangen, die
aber selten genutzt wird, da sie etwas länger dauert: Es ist der
Zug, der sich von Bet Schemesch durch das Sork-Tal in ca. 40 Miuten
hinauf nach Jerusalem schlängelt. Die Bahnstrecke von Tel Aviv nach
Jerusalem entstand unter osmanischer Herrschaft und wurde 1892
eröffnet. Damit ist sie die älteste Bahnstrecke Israels und
generell im Nahen Osten. Seit 2005 fahren hier wieder Züge, nachdem
die Strecke 1998 stillgelegt worden war.
Der
Zug hält in Jerusalem zuerst am Biblischen Zoo und da sind wir dann
auch ausgestiegen und haben den Tag dort verbracht. Der Zoo ist
durchaus sehenswert, er ist sehr liebevoll gestaltet und es gibt bei
manchen Tieren auch Verweise auf die bilbische Erwähnung, wie könnte
es auch anders sein bei einem Zoo im Heiligen Land. Und natürlich
darf dann auch eine Arche Noah nicht fehlen. Neben den vielen
lebenden Tieren (Zoo heißt in der Übersetzung aus dem Hebräischen
„Garten der Lebendigen“) sind auch noch andere Tiere sehenswert.
Gestaltet hat sie Niki de Saint Phalle.
Der
Rückweg vom Zoo gestaltet sich etwass schwieriger. Der Bus Nr. 33
brachte uns zum Herzelberg und dort konnten wir in die Straßenbahn
einsteigen, die seit 2011 durch Jerusalem fährt.
Am
Abend war Tag der offenen Tür im Goete-Institut.
Donnerstag,
26.10.
mit
dem Auto zum Zug – in Tel Aviv treffen wir uns noch mit Dina, dann
zum Flughafen und um 17:45 Uhr starten wir zurück nach
Deutschlandmit ein paar Kilo Datteln im Gepäck und jeder Menge
schöner Urlaubserinnerungen.
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