Vom
22.-24. August war ich in mal wieder Erfurt, in der Stadt, wo ich vor
Jahren studiert habe. Es war eine Reise zu Freunden und es war eine
Reise in meine Vergangenheit.
Wenn
man in Erfurt aus dem Bahnhof kommt, dann ist folgender Satz auf
dem gegenüberliegenden Hotel nicht zu übersehen: „Willy Brandt
ans Fenster“. Es war der Ruf der Menschenmenge hier auf dem
Bahnhofsvorplatz am 19.3.1970 als der Bundeskanzler zu einem Treffen
mit dem DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph hierher angereist war.
Die jubelnden Menschenmassen im Osten erhofften sich damals eine
Verbesserung ihrer Lebenssituation von dem Gast aus dem Westen.
Die
Hoffnung war berechtigt, denn die Situation in der ehemaligen DDR war
gelinde gesagt, verbesserungswürdig. Wer mit dem System nicht
konform war, konnte sich ziemlich schnell „zur Klärung eines
Sachverhaltes“ im hiesigen Stasi-Gefängnis wiederfinden, welches jetzt als Gedenkstätte zu besichtigen ist.
Das MfS, d.h. das Ministerium für
Staatssicherheit war Geheimpolizei und Untersuchungsorgan für
Strafsachen und beschäftigte bis zu 270 000 Mitarbeiter in diesem
riesigen Überwachungsapparat.
Das Dokumentationszentrum in Erfurt
in der Andreasstraße, wo das Ministerium für Staatssicherheit der
DDR damals eine Untersuchungshaftanstalt betrieb ist beeindruckend und sehenswert. Mehr als 5.000
Menschen wurden hier inhaftiert, weil sie sich dem kommunistischen
Regime widersetzt hatten.
Ich hatte damals Glück und bin noch
einmal glimpflich mit einer Belehrung zu den §§ 106, 220 und 272
des StGB der DDR davongekommen, wie in meiner Stasi-Akte nachzulesen
ist. (Unter dem Vorwurf der „staatsfeindlichen Hetze“ §106
wurden viele Oppositionelle der DDR verhaftet, insbesondere weil die
Formulierungen des Paragraphen so offen gestaltet waren, dass beinahe
jede kritische Äußerung unter Bezug auf diesen Artikel geahndet
werden konnte. Der Paragraf 106 des Strafgesetzbuchs von 1986
bestraft „staatsfeindliche Hetze“ mit einem Freiheitsentzug
zwischen zwei und zehn Jahren. / Staatsverleumdung (§ 220): In der
DDR wird mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren bedroht, wer
sich öffentlich verächtlich über staatliche Funktionäre oder
Institutionen äußert. Bereits ein Witz oder eine herabsetzende
Bemerkung über einen ehrenamtlichen Funktionär sind strafbar.)
Vergangene
Woche hatte ich mir bereits das Stasi-Gefängnis in Dresden auf der Bautzner
Straße angeschaut. In der Zeit von 1954 bis 1989 haben hier ca. 14
000 Menschen eingesessen, die mit der Idee des Arbeiter- und
Bauernstaates nicht übereinstimmten.
Wer Glück hatte, wurde durch
die Bundesrepublik freigekauft. Von 1963 – 1989 waren das 33 862
politische Häftlinge. Die DDR erhielt im Gegenzug für jeden
Häftling Warenlieferungen im Wert von 40 000 D-Mark. Die psychischen
Folgen jedes einzelnen Inhaftierten lassen sich jedoch nicht in
Geldsummen aufwiegen. Gut, dass die friedliche Revolution dem vor 28
Jahren (das ist genau so lange wie die Mauer stand) ein Ende gemacht hat.
Der
eigentliche Grund meines Besuches in Erfurt war "Carmen". Es war das
dritte Mal, dass ich zu den Domstufenfestspielen gefahren bin und dieses
Jahr stand die Oper von Georges Bizet auf dem Programm. Die
Aufführungen vor der Kulisse des Domberges ist immer wieder
beeindruckend.
Da
Carmen eine Zigeunerin ist, und somit aus einfachen Verhältnissen
kommt, wurde ihr Umfeld in Form eines Schrottplatzes auf die
Domstufen geholt.
Meine
Frau war diesmal nicht dabei, sondern war gerade auf einer Reise
durch Brasilien. Daher traf ich mich mit meiner Mutter in Erfurt, die
viel Freude am Besuch der Oper sowie der Thüringer Landeshauptstadt
hatte.