Samstag, 21. Juni 2014

Wilsnack - Wendland (124 km)






Wenn ich sage, ich bin in Rom oder in Santiago de Compostella, dann wüsste jeder gleich, wo das ist, aber wenn ich heute in Wilsnack bin, muss ich den meisten erklären, dass diese Stadt in etwa genau zwischen Berlin und Hamburg liegt. Dabei war Wilsnack vor über 500 Jahren neben Rom und Santiago genau so bekannt, denn es war das drittgrößte Wallfahrtsziel in Europa.



Als im Jahr 1383 der Raubritter Heinrich von Bülow das Dorf niederbrannte, ahnte er nicht, was er mit dieser Freveltag in Gang gesetzt hatte. Der damalige Pfarrer Johannes Cabbuetz fand in den Trümmern der Dorfkirche drei geweihte, blutbeflekte Hostien, die dem Brand  standgehalten hatten. Fortan pilgerten Menschen aus allen Schichten und auch Fürsten und Könige nach Wilsnack und machten das Dorf bedeutend.



Hier in diesem Schrein stand ursprünglich die Monstranz mit den Hostien, die 1552 im Zuge der Reformation verbrannt wurden. Danach versiegte langsam der Wallfahrtsstrom aber heute gibt es wieder einen landschaftlich reizvollen, 130 km langen Pilgerweg von Berlin hierher auf dem Menschen nach Wilsnack pilgern.



Vor ca. einem Jahr hatte auch ich ursprünglich die Idee, (mit dem Moped) nach Santiago zu pilgern und da ich jetzt erfahre, dass Wilsnack ebenso bedeutend war, stellt sich bei mir das Gefühl ein, dass diese Reise auch eine gute Pilgerreise war und ich jetzt sagen kann: „Ich bin da gewesen“. So beschließe ich, heute noch bis ins Wendland zu fahren und dann dort zu wenden, d.h. langsam wieder die Heimreise anzutreten. 



Ich fahre vorsichtig und bei diesem Schild schalte ich doch lieber einen Gang zurück, da ich heute schon gesehen habe, wie ein Reh kurz vor einem Auto die Straßenseite gewechselt hat.



Ich komme nach Arendsee und halte am Ortseingang, um mir diese Weltzeituhr anzuschauen. Hier erfahre ich, dass sich die Erde vor 4,5 Milliarden Jahren doppelt so schnell gedreht hat und ein Tag somit nur 10 bis 12 Stunden währte. Dann hätte ich mich bei meiner Reise ganz schön beeilen müssen. Allerdings hatte ein Jahr dafür ca. 730 Tage.



In Arendsee war 1859 auch Theodor Fontane und auf einem großen Stein lese ich folgenden Satz aus einer seiner Novellen: "unsere Schuld ist groß unser Recht ist klein, die Gnade Gottes tut es allein".

Hier gibt es eine weitere sehenswerte Kirche auf der Straße der Romanik. 



Es ist das ehemalige Benediktinerinnenkloster St. Marien und liegt malerisch am Arendsee. Die kleine Basilika ist eine der frühesten gewölbten Backsteinkirchen. 



Das Portal ist ein Musterbeispiel für mittelalterliche Bausymbolik. Ich bin unterdessen fasziniert von der Romanik und hier in der Kirche bekomme ich auch ein Stempelheft mit allen Kirchen. Jetzt habe ich schon eine Idee für den nächsten Urlaub.   ;-)
 



Auf meiner Landkarte sind im Wendland mehrere „Rundlinge“ (nicht Hundlinge) eingezeichnet und ich vermute, dass es sich um so etwas wie Findlinge handelt. Da ich nicht immer nur Kirchen besichtigen möchte fahre ich hin. Dort erfahre ich, dass die Rundlinge keine großen Steine sind, sondern es handelt sich um Rundlingsdörfer, in denen die Häuser in einer bestimmten Anordnung – also rundherum – um den Dorfplatz stehen. Das ist hübsch anzusehen, zumal die Häuser schön renoviert und bemalt sind.





Es geht wieder zurück über die ehemalige Grenze in den Osten, wo noch eine romanische Kirche auf mich wartet. Aber während ich gerade noch begeistert von den schönen Fachwerkhäusern bin, erschrecke ich hier über die grauen oder leer stehenden bzw. verfallenen Häuser.





In Diesdorf schaue ich mir die Kirche nur von außen an (da sie nur nach Absprache geöffnet ist) und mache dann einen Abendspatziergang zum Freilichtmuseum.





Um 21:30 Uhr geht langsam die Sonne unter und kurz nach zehn Uhr ist es immer noch hell.

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