Mittwoch, 7. Mai 2014

auf dem ATHOS


Wir stehen um 6:00 Uhr vor dem Haus und warten auf unser Taxi. (G.: „Habt ihr genaue Zeit?“ – P.: „Ich habe es 18:00 Uhr)  ;-)  Wir warten. Das Taxi kommt 3 Minuten nach 6 und bringt uns nach Ouranopoli, dem Ausgangspunkt für alle Athos-Pilger. 

Dort suchen wir das Pilgerbüro und als wir es gefunden haben, reihen wir uns in die Schlange ein, um unsere Einreisegenehmigung (Diamontrion) abzuholen. Wir erhalten sie für 30,- Euro. Anschließend werden wir noch einmal von zwei Polizisten registriert und eilen dann zum Ticket-Office für die Fähre, schließlich wollen mit uns noch über 100 andere Pilger und Mönche auf die Halbinsel. Die Fähre ist die einzige Zutrittsmöglichkeit. Nachdem wir auch die Tickets haben, können wir noch einen Hamburger verspeisen und dann drängeln wir mit den anderen auf die überfüllte Fähre. Kurz nachdem das Schiff abgelegt hat, hören wir die Sicherheitsvorkehrungen betr. Rettungswesten etc. wie in einem Flugzeug. 


Ein Mönch ist auf dem Schiff und versucht Gebetsketten zu verkaufen. Sein schwarzes Gewand ist auch nicht mehr das sauberste und auch schon ein wenig zerrissen. Bei vielen anderen Mönchen ist es übrigens auch so, dass die Kutten mal wieder in die Waschmaschine und die Träger in die Badewanne gehören… Während ich diese Sätze bei der Rückfahrt auf dem Schiff in mein Notizbuch schreibe, sitzt mir plötzlich ein anderer Mönch gegenüber und möchte mein Notizheft haben, um etwas hineinzuschreiben. Im ersten Moment bin ich verwirrt, zumal dieses Heft bald voll ist, außerdem sitzen momentan nicht so sympathische, rumänische Mönche neben mir.  Aber dieser Mönch ist anders und so lasse ich mich darauf ein. Er notiert für mich ein paar Namen und Buchtitel, die ich unbedingt lesen sollte, um der Spiritualität vom Berg Athos näher auf die Spur zu kommen.  Er heißt Georg, ist 27 Jahre jung und seit vier Jahren Novize auf dem Athos. Heute ist er unterwegs nach Thessaloniki zum Arzt und um bei der Gelegenheit Verwandte zu besuchen. Er gibt mir seine Adresse und Telefonnummer und die von seinem Cousin, der z.Z. in München ist…


Auf der Fähre kommen wir dann mit Pilgern aus Österreich ins Gespräch und erfahren, dass es gar nicht so einfach ist, eine Unterkunft in einem Kloster zu finden. Sie haben schon vor mehreren Monaten gebucht (dabei auch Absagen bekommen) und können sich ein Lachen nicht verkneifen, als wir sagen, dass wir noch nicht wissen, wo wir schlafen werden.  Na gut, im Voraus Buchen ist keine Kunst, da bleibt ja jegliche Überraschung auf der Strecke.

Die Fahrt mit der Fähre geht an der Küste entlang immer von Kloster zu Kloster und bis zum Hafen von Dafne, der Hauptanlegestelle, brauchen wir über zwei Stunden. Immer wieder creme ich meine Nase mit Sonnencreme ein.



In Dafne versuchen wir unter den Ersten zu sein, die das Schiff verlassen, um noch einen Platz im Bus zu bekommen, der von hier aus in die „Hauptstadt“ nach Karies fährt. Das gelingt uns und kurz nach Ankunft des Schiffes bringt uns ein überfüllter Bus in die Berge. Mit ihm erklimmen wir ca. 600 Höhenmeter. Im Bus spricht mich ein Mann auf Deutsch an. Er ist Russe, arbeitet als Dolmetscher und kommt zum dritten Mal auf den Athos. Auch er ist der Meinung, wenn wir Pläne machen, kann Gott nur lachen.




In Karies steigen wir aus und ich fühle mich wie in Tibet, obwohl ich noch nie dort war. Wir kommen auf einem kleinen Platz an, wo neben dem Reisebus noch ca. 7 Kleinbusse stehen. Wir sind sozusagen am „Central Bus Station“ vom Athos, von wo die Zufahrt zu den meisten Klöstern auf dem Landweg geregelt ist. Hier kommen die Pilger an und von hier fahren sie weiter. Pilger in Zivil (oder als Wanderer verkleidet) und auch viele in orthodoxen Mönchskutten. Am Platz gibt es nur eine kleine Häuserzeile  mit 2 Souvenierläden, 3 kleinen Kaffees (die nur ein oder zwei Tische haben) und einen Allzweckladen.




Da wir, wie gesagt, keine Unterkunft in einem Kloster reserviert haben, suchen wir das einzige „Hotel“ am Ort. Wir finden es, nachdem wir zunächst in die falsche Richtung zu einer Telefonzelle geschickt werden (der Name der Telefongesellschaft hört sich so ähnlich wie Hotel an). Es ist eine kleine Gaststätte, die im oberen Geschoss vier Zimmer mit jeweils vier Betten und einem Etagenklo vermietet. Der Preis ist mit 15 Euro pro Nacht und Nase völlig überzogen, aber wir haben keine Wahl. Als Peter die Toilette sieht, sagt er, „dann gehe ich halt im Hotel auf´s Klo“. Aber da sind wir ja bereits. Seine Frage, als er zurückkommt, lautete: „Wisst Ihr, wie man den Spülkasten bedient?“ Beim Anblick der Dusche ist für 75% von uns sofort klar, dass wir erst bei Lorenz im Ferienhaus wieder duschen werden. 


Wir sind froh, nicht in der freien Natur schlafen zu müssen und machen noch einen kleinen Spatziergang zum benachbarten Kloster Koutloumousiou.




Anschließend gehen wir zurück und dann zur Kirche des Hl. Andreas. Dort erfahren wir von einem Gast, dass heute der Gottesdienst um 17:00 Uhr beginnt und bereits vorher das Abendessen ist. Daher beschließen wir, in´s Hotel zurückzugehen und auch schon etwas zu essen. Diesmal gibt es Spaghetti und (nicht weitersagen) für jeden ein Mythos.

Kurz vor 17:00 Uhr hören wir das Simantron und die kleinen Glocken, die zum Gebet rufen. Die meisten Gäste verlassen das Lokal, der Wirt macht nacheinander die Lichter aus und verschließt dann auch die Tür und um 5 ist auch er verschwunden. Es sind außer uns nur noch zwei Männer hier. Wir trinken langsam aus und machen uns auch noch einmal auf den Weg zur Andreas-Kirche.


Dort lauschen wir den Gesängen der Mönche. Es sind nur wenige in der großen Kirche. Der Diakon geht mit dem Weihrauchfass, an welchem viele Glocken klingeln, durch die Kirche. Weihrauchduft erfüllt die Luft. Golden glänzen die Ikonen an der Ikonostase. Ein kleiner Vorgeschmack auf die himmlische Herrlichkeit. Aber vielleicht sieht es im Himmel ja auch ganz anders aus?



Auf dem Rückweg von der Kirche in unser „Hotel“ kaufen wir jeder noch ½ Liter selbstgemachten Wein (für 1,40), sitzen damit auf dem Balkon und beobachten, wie die Wolken vom Berg Athos immer tiefer zu uns herunter kommen. Auf der Straße unter uns kommen ab und zu schwarzgewandete Mönche vorbei. Gegenüber im kleinen Laden ist gerade Warenanlieferung per Schubkarre. 


Heute spielen wir „kaputten Dampfer“ (d.h. wir lassen uns langsam voll laufen) damit wir in diesen harten Betten zu viert im Zimmer auch schlafen können…
....


Nachts werde ich 3x wach, weil das Bett so hart ist und dann beginnt draußen der Regen auf das Blechdach zu trommeln. Gott sei Dank, hat nicht noch einer von uns geschnarcht. In der Frühe, es ist noch dunkel, hören wir das Klopfen vom Simantron und anschließend ein kleines Glockenkonzert, welches eine Stunde später noch einmal wiederholt wird. Als wir 7:30 Uhr aufstehen, regnet es immer noch, so dass man eigentlich keinen Hund vor die Türe schickt. Um 8:30 Uhr soll es einen Bus zum Kloster Iviron geben. Vorsichtshalber kauft sich Lorenz noch einen Regenschirm und der hat auch gleich gewirkt, denn der Regen hört bald auf. Wir stehen wieder am zentralen Busplatz und rätseln, welcher der Kleinbusse wohl der Richtige ist. Jeder Bus hat hinten eine Nummer. Peter vermutet, dass dies die Reisegeschwindigkeit sein könnte.


Wir bringen in Erfahrung, dass es kein Kleinbus ist, sondern dass der große Bus von Dafne kommend über Karies bis auf die andere Seite des Athos zum Kloster Ivion fährt. Mit ihm fahren wir dahin und bestaunen die Klosteranlage.



Ein Mönch erzählt uns ein wenig vom Klosterleben. Kloster Iviron wurde im 10.Jh. von einem georgischen Mönch gegründet und feiert am Fest Maria Himmelfahrt sein Patrozinium.



Dann wandern wir an der Küste weiter zum nächsten Kloster und begegnen einer Gruppe österreichischer „Pilger“, die sogar noch bis auf den Berg Athos mit 2033 Metern hinauf wollen. 


Unterdessen ist auch die Sonne wieder da, so dass die Blumen am Wegesrand hell leuchten. Zu hören ist nur das laute Tosen der Brandung, die gegen die Felsen schlägt. Ich lausche den Wellen und versuche herauszufinden, was sie zu erzählen haben.



Als nächstes erreichen wir das Kloster Stavronikita. Es ist eines der Kleinsten auf Athos und macht einen gepflegten Eindruck. Wir werden freundlich von einem Mönch empfangen, der uns Tee oder Kaffe bringt und wir spüren ein klein wenig von der Gastfreundschaft, die es hier gibt. Anschließend zeigt er uns die kleine Klosterkirche, bevor wir zum nächsten Kloster aufbrechen. Es ist das Kloster Aghiou Panteleimonos und kurz bevor wir es erreichen, machen wir eine Pause bei diesem Felsen am Meer. 




Im Kloster kommt dann ein Mönch auf uns zu und lädt uns ein, die Kirche zu besichtigen. Ansonsten ist es gerade ziemlich ruhig in der Anlage, denn wir haben Mittagszeit und dass ist für die Mönche eine „heilige Zeit“ in der sie sich ausruhen, da ihr Tag bereits mit oder vor Sonnenaufgang beginnt.


Der Rückweg dauert etwas länger, da wir nun ca. 600 Höhenmeter zu Fuß erklimmen müssen. Unterwegs kommen wir noch an kleineren Klosteranlagen vorbei, bevor wir am Abend wieder unsere Unterkunft erreichen.



Nach dem Abendessen suche ich mir noch einem ruhigen Platz, von dem ich aus zuschauen kann, wie die Wolken langsam unterhalb des Berggipfels vorbeiziehen und die untergehende Sonne den Berg mit ihren letzten Strahlen in ein goldenes Licht taucht. Mit diesem selten schönen Schauspiel nehme ich Abschied von einem ganz speziellen Ort.

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