Wir
stehen um 6:00 Uhr vor dem Haus und warten auf unser Taxi. (G.: „Habt ihr
genaue Zeit?“ – P.: „Ich habe es 18:00 Uhr)
;-) Wir warten. Das Taxi kommt 3
Minuten nach 6 und bringt uns nach Ouranopoli, dem Ausgangspunkt für alle
Athos-Pilger.
Dort suchen wir das Pilgerbüro und als wir es gefunden haben,
reihen wir uns in die Schlange ein, um unsere Einreisegenehmigung (Diamontrion)
abzuholen. Wir erhalten sie für 30,- Euro. Anschließend werden wir noch einmal
von zwei Polizisten registriert und eilen dann zum Ticket-Office für die Fähre,
schließlich wollen mit uns noch über 100 andere Pilger und Mönche auf die
Halbinsel. Die Fähre ist die einzige Zutrittsmöglichkeit. Nachdem wir auch die
Tickets haben, können wir noch einen Hamburger verspeisen und dann drängeln wir
mit den anderen auf die überfüllte Fähre. Kurz nachdem das Schiff abgelegt hat,
hören wir die Sicherheitsvorkehrungen betr. Rettungswesten etc. wie in einem
Flugzeug.
Ein
Mönch ist auf dem Schiff und versucht Gebetsketten zu verkaufen. Sein schwarzes
Gewand ist auch nicht mehr das sauberste und auch schon ein wenig zerrissen.
Bei vielen anderen Mönchen ist es übrigens auch so, dass die Kutten mal wieder
in die Waschmaschine und die Träger in die Badewanne gehören… Während ich diese
Sätze bei der Rückfahrt auf dem Schiff in mein Notizbuch schreibe, sitzt mir
plötzlich ein anderer Mönch gegenüber und möchte mein Notizheft haben, um etwas
hineinzuschreiben. Im ersten Moment bin ich verwirrt, zumal dieses Heft bald
voll ist, außerdem sitzen momentan nicht so sympathische, rumänische Mönche neben
mir. Aber dieser Mönch ist anders und so
lasse ich mich darauf ein. Er notiert für mich ein paar Namen und Buchtitel,
die ich unbedingt lesen sollte, um der Spiritualität vom Berg Athos näher auf
die Spur zu kommen. Er heißt Georg, ist
27 Jahre jung und seit vier Jahren Novize auf dem Athos. Heute ist er unterwegs
nach Thessaloniki zum Arzt und um bei der Gelegenheit Verwandte zu besuchen. Er
gibt mir seine Adresse und Telefonnummer und die von seinem Cousin, der z.Z. in
München ist…
Auf
der Fähre kommen wir dann mit Pilgern aus Österreich ins Gespräch und erfahren,
dass es gar nicht so einfach ist, eine Unterkunft in einem Kloster zu finden.
Sie haben schon vor mehreren Monaten gebucht (dabei auch Absagen bekommen) und
können sich ein Lachen nicht verkneifen, als wir sagen, dass wir noch nicht
wissen, wo wir schlafen werden. Na gut,
im Voraus Buchen ist keine Kunst, da bleibt ja jegliche Überraschung auf der
Strecke.
Die
Fahrt mit der Fähre geht an der Küste entlang immer von Kloster zu Kloster und
bis zum Hafen von Dafne, der Hauptanlegestelle, brauchen wir über zwei Stunden.
Immer wieder creme ich meine Nase mit Sonnencreme ein.
In
Dafne versuchen wir unter den Ersten zu sein, die das Schiff verlassen, um noch
einen Platz im Bus zu bekommen, der von hier aus in die „Hauptstadt“ nach
Karies fährt. Das gelingt uns und kurz nach Ankunft des Schiffes bringt uns ein
überfüllter Bus in die Berge. Mit ihm erklimmen wir ca. 600 Höhenmeter. Im Bus
spricht mich ein Mann auf Deutsch an. Er ist Russe, arbeitet als Dolmetscher und
kommt zum dritten Mal auf den Athos. Auch er ist der Meinung, wenn wir Pläne
machen, kann Gott nur lachen.
In
Karies steigen wir aus und ich fühle mich wie in Tibet, obwohl ich noch nie
dort war. Wir kommen auf einem kleinen Platz an, wo neben dem Reisebus noch ca.
7 Kleinbusse stehen. Wir sind sozusagen am „Central Bus Station“ vom Athos, von
wo die Zufahrt zu den meisten Klöstern auf dem Landweg geregelt ist. Hier
kommen die Pilger an und von hier fahren sie weiter. Pilger in Zivil (oder als
Wanderer verkleidet) und auch viele in orthodoxen Mönchskutten. Am Platz gibt
es nur eine kleine Häuserzeile mit 2
Souvenierläden, 3 kleinen Kaffees (die nur ein oder zwei Tische haben) und
einen Allzweckladen.
Da
wir, wie gesagt, keine Unterkunft in einem Kloster reserviert haben, suchen wir
das einzige „Hotel“ am Ort. Wir finden es, nachdem wir zunächst in die falsche
Richtung zu einer Telefonzelle geschickt werden (der Name der
Telefongesellschaft hört sich so ähnlich wie Hotel an). Es ist eine kleine
Gaststätte, die im oberen Geschoss vier Zimmer mit jeweils vier Betten und
einem Etagenklo vermietet. Der Preis ist mit 15 Euro pro Nacht und Nase völlig
überzogen, aber wir haben keine Wahl. Als Peter die Toilette sieht, sagt er,
„dann gehe ich halt im Hotel auf´s Klo“. Aber da sind wir ja bereits. Seine
Frage, als er zurückkommt, lautete: „Wisst Ihr, wie man den Spülkasten
bedient?“ Beim Anblick der Dusche ist für 75% von uns sofort klar, dass wir
erst bei Lorenz im Ferienhaus wieder duschen werden.
Wir
sind froh, nicht in der freien Natur schlafen zu müssen und machen noch einen
kleinen Spatziergang zum benachbarten Kloster Koutloumousiou.
Anschließend
gehen wir zurück und dann zur Kirche des Hl. Andreas. Dort erfahren wir von
einem Gast, dass heute der Gottesdienst um 17:00 Uhr beginnt und bereits vorher
das Abendessen ist. Daher beschließen wir, in´s Hotel zurückzugehen und auch
schon etwas zu essen. Diesmal gibt es Spaghetti und (nicht weitersagen) für
jeden ein Mythos.
Kurz
vor 17:00 Uhr hören wir das Simantron und die kleinen Glocken, die zum Gebet
rufen. Die meisten Gäste verlassen das Lokal, der Wirt macht nacheinander die
Lichter aus und verschließt dann auch die Tür und um 5 ist auch er
verschwunden. Es sind außer uns nur noch zwei Männer hier. Wir trinken langsam
aus und machen uns auch noch einmal auf den Weg zur Andreas-Kirche.
Dort
lauschen wir den Gesängen der Mönche. Es sind nur wenige in der großen Kirche.
Der Diakon geht mit dem Weihrauchfass, an welchem viele Glocken klingeln, durch
die Kirche. Weihrauchduft erfüllt die Luft. Golden glänzen die Ikonen an der
Ikonostase. Ein kleiner Vorgeschmack auf die himmlische Herrlichkeit. Aber
vielleicht sieht es im Himmel ja auch ganz anders aus?
Auf
dem Rückweg von der Kirche in unser „Hotel“ kaufen wir jeder noch ½ Liter
selbstgemachten Wein (für 1,40), sitzen damit auf dem Balkon und beobachten,
wie die Wolken vom Berg Athos immer tiefer zu uns herunter kommen. Auf der
Straße unter uns kommen ab und zu schwarzgewandete Mönche vorbei. Gegenüber im
kleinen Laden ist gerade Warenanlieferung per Schubkarre.
Heute
spielen wir „kaputten Dampfer“ (d.h. wir lassen uns langsam voll laufen) damit
wir in diesen harten Betten zu viert im Zimmer auch schlafen können…
....
Nachts
werde ich 3x wach, weil das Bett so hart ist und dann beginnt draußen der Regen
auf das Blechdach zu trommeln. Gott sei Dank, hat nicht noch einer von uns
geschnarcht. In der Frühe, es ist noch dunkel, hören wir das Klopfen vom
Simantron und anschließend ein kleines Glockenkonzert, welches eine Stunde
später noch einmal wiederholt wird. Als wir 7:30 Uhr aufstehen, regnet es immer
noch, so dass man eigentlich keinen Hund vor die Türe schickt. Um 8:30 Uhr soll
es einen Bus zum Kloster Iviron geben. Vorsichtshalber kauft sich Lorenz noch
einen Regenschirm und der hat auch gleich gewirkt, denn der Regen hört bald auf.
Wir stehen wieder am zentralen Busplatz und rätseln, welcher der Kleinbusse
wohl der Richtige ist. Jeder Bus hat hinten eine Nummer. Peter vermutet, dass
dies die Reisegeschwindigkeit sein könnte.
Wir
bringen in Erfahrung, dass es kein Kleinbus ist, sondern dass der große Bus von
Dafne kommend über Karies bis auf die andere Seite des Athos zum Kloster Ivion
fährt. Mit ihm fahren wir dahin und bestaunen die Klosteranlage.
Ein
Mönch erzählt uns ein wenig vom Klosterleben. Kloster Iviron wurde im 10.Jh.
von einem georgischen Mönch gegründet und feiert am Fest Maria Himmelfahrt sein
Patrozinium.
Dann
wandern wir an der Küste weiter zum nächsten Kloster und begegnen einer Gruppe
österreichischer „Pilger“, die sogar noch bis auf den Berg Athos mit 2033
Metern hinauf wollen.
Unterdessen ist auch die Sonne wieder da, so dass die
Blumen am Wegesrand hell leuchten. Zu hören ist nur das laute Tosen der
Brandung, die gegen die Felsen schlägt. Ich lausche den Wellen und versuche
herauszufinden, was sie zu erzählen haben.
Als
nächstes erreichen wir das Kloster Stavronikita. Es ist eines der Kleinsten auf
Athos und macht einen gepflegten Eindruck. Wir werden freundlich von einem Mönch
empfangen, der uns Tee oder Kaffe bringt und wir spüren ein klein wenig von der
Gastfreundschaft, die es hier gibt. Anschließend zeigt er uns die kleine
Klosterkirche, bevor wir zum nächsten Kloster aufbrechen. Es ist das Kloster
Aghiou Panteleimonos und kurz bevor wir es erreichen, machen wir eine Pause bei
diesem Felsen am Meer.
Im
Kloster kommt dann ein Mönch auf uns zu und lädt uns ein, die Kirche zu
besichtigen. Ansonsten ist es gerade ziemlich ruhig in der Anlage, denn wir
haben Mittagszeit und dass ist für die Mönche eine „heilige Zeit“ in der sie
sich ausruhen, da ihr Tag bereits mit oder vor Sonnenaufgang beginnt.
Der
Rückweg dauert etwas länger, da wir nun ca. 600 Höhenmeter zu Fuß erklimmen
müssen. Unterwegs kommen wir noch an kleineren Klosteranlagen vorbei, bevor wir
am Abend wieder unsere Unterkunft erreichen.
Nach
dem Abendessen suche ich mir noch einem ruhigen Platz, von dem ich aus
zuschauen kann, wie die Wolken langsam unterhalb des Berggipfels vorbeiziehen
und die untergehende Sonne den Berg mit ihren letzten Strahlen in ein goldenes
Licht taucht. Mit diesem selten schönen Schauspiel nehme ich Abschied von einem
ganz speziellen Ort.
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