Heut war die Abfahrt um 9.00
Uhr geplant. Das hätten wir auch beinah geschafft, wenn ich nicht noch so lange
Fotos für den Blog hochgeladen hätte… Lorenz wollte heute unbedingt bis zu
seinem Ferienhaus in Keramoti kommen, welches noch 458 km von uns entfernt war. Nach 6 Stunden 50 Minuten
reiner Fahrzeit hatten wir es auch geschafft und sind um 20:00 Uhr gut am
ersehnten Ziel angekommen.
Bis dahin hatten wir auch
viel erlebt. Zunächst machten wir einen kurzen Stopp und schauten uns das
Klisura-Kloster an.
Dann ging es über einen Pass mit 1400 m Höhe. Gestern haben wir auf den Bergen in der Ferne
noch Schnee gesehen und nun arbeiteten wir uns Kurve für Kurve in die Höhe.
Mein Navi diente mir als Höhenmesser und im Display vom Motorrad hatte ich die
Temperaturanzeige, so konnte ich beobachten, wie alle 100 Meter die Temperatur um ein Grad sank. Von 16 Grad ging es
auf 9 Grad zurück.
Dann führte die Straße in
den Bergen weiter, ab und an kamen ein paar Dörfer und vor den Häusern standen
kleine Tische mit Honiggläsern zum Verkauf.
Als die holprige Strecke zu
Ende war und eine schöne Straße sich vor uns ausbreitete, waren bösartigerweise
"60 km/h"-Schilder mit dem Zusatz "Radar" aufgestellt…
Uns saß die Zeit im Nacken
und in versteckten Buchten saß die Polizei.
Als wir die Umfahrung um
Sofia erreichten, war die Straße wieder voller LKW´s und es fing an, leicht zu
nieseln. Sicherheitshalber zogen wir schon einmal unsere Regensachen an. Dann
ging es für ein paar Kilometer mal wieder im Stopp und Go weiter, da sich die
erhoffte Autobahn als eine Baustelle entpuppte. Als diese vorbei war,
konnten wir dann ca. 20 km auf einer super ausgebauten Autobahn weiterfahren.
(Die heutige Durchschnittsgeschwindigkeit lag übrigens bei 67 km/h).
Beim nächsten Tankstopp war
die Überlegung, einen kurzen Abstecher zu den Rilaklöstern zu machen. D.h. wir
hätten uns dann geteilt, denn für Lorenz gab es heute wie gesagt nur ein Ziel.
Wir beschlossen, diese Entscheidung an der Abfahrt zu den Klöstern zu machen,
aber da ich nicht wusste, wie weit es bis dahin noch ist, fragte ich an der
Tankstelle. Ca. 100 km war die Auskunft (Das stimmte aber nicht, denn es
waren nur knapp 60 km, wie sich später herausstellte. Wahrscheinlich haben
die Bulgaren ein anderes Gefühl für die Entfernungen) Auf meine Frage, ob denn
jemand das Dorf, in dem sich die Abfahrt befindet in sein Navi eingeben kann,
bekam ich zur Antwort: „Ich habe es schon versucht, geht aber nicht!“ oder „In
meinem Navi ist schon die Griechenlandkarte“ O.k. Also hieß es, wir merken uns
einfach den Ort „Kocerinovo“ und der Guide des Tages sagte: „ Ich fahr jetzt
erst einmal 100 km und falls ich den Ort übersehe, dann hupt ihr mich
einfach von hinten an.“ Ob das funktionieren würde, bezweifelte ich schon kurz
nach der Abfahrt, denn als Peter da noch einmal anhalten musste, holten wir
unseren Guide erst nach 5 km wieder ein. Nach ca. 60 km kam dann ein braunes Hinweisschild zu den
Rilaklöstern mit der Aufschrift „35 km“ und einem Pfeil nach links. Unser
Guide, der dies so interpretierte, dass die Abzeigung erst nach 35 km kommt, sauste natürlich im Volltempo am Kyrillisch
geschriebenen Abfahrtsschild vorbei. Da half auch kein Hupen oder Blinken. Nach
2
km gelang es, die
letzten drei Fahrer zum Anhalten zu bringen, der erste fehlte aber. Er kam dann
doch ein paar hundert Meter weiter zum Stehen, allerdings war da die Fahrbahn
geteilt, so dass er nicht zurückkommen konnte. Jetzt war die Entscheidung,
Rilaklöster, oder nicht.
Die Entscheidungshilfe war eine dicke pechschwarze
Wolke über dem Gebirge, die jeden Augenblick abzuregnen drohte und so
entschlossen wir uns, gemeinsam weiterzufahren. Vielleicht war dies ja auch ein
Wink des Himmels bzw. göttliches Zeichen, die Gruppe nicht zu teilen. Also
fuhren wir weiter, d.h. Gerhard fuhr schon einmal vor, um Lorenz Bescheid zu
geben, dass wir kommen. Der war jetzt unterdessen weitergefahren, um an der
nächstmöglichen Stelle zu wenden und zu uns zurückzukommen. Ich habe ihn auf
der Gegenfahrbahn kommen sehen, aber Gerhard hat ihn nicht gesehen… Peter blieb
dann wieder stehen, da er sich wunderte, warum Gerhard nicht hier ist, wo
Lorenz noch vor 5 Min. gestanden hatte.
Lorenz kam dann wieder von
hinten zu uns und so sausten wir alle drei dem Gerhard hinterher. Nach 5 km hatte er wohl seine Suche nach Lorenz aufgegeben und
wartete auf uns. So waren wir wieder vollzählig und brauchten als nächstes erst
einmal einen kleinen Imbiss. Wir beschlossen, dass Gerhard vorausfährt, da er
den größten Hunger hatte und auch die besten Augen, um eine Gaststätte zu
finden, aber schwupps war Peter in Führungsposition. Gerhard entdeckte alsbald
ein Restaurant, wir kamen gerade noch rechtzeitig zum Stehen und Peter war auch
bald wieder zurück.
Gestärkt ging es dann weiter
immer in Richtung „Kulata“, dem letzten kleinen Ort in Bulgarien an der Grenze
zu Griechenland. Bis dahin übernahm ich jetzt die Führung. Das war allerdings
auch nicht so einfach, denn auf dieser Strecke wechselten sich kilometerlang
ca. alle 300 Meter die Schilder „Überholverbot“ und „Überholverbot Ende“ ab, so dass jeder normale Mensch irgendwann den
Überblick verliert, ob er jetzt überholen darf oder nicht. Für die meisten
Bulgaren sind diese Schilder offensichtlich sowieso unsichtbar, denn sie überholen auch
an den unübersichtlichsten Stellen. Erschwerend kommt hinzu, dass ganz selten
auch einmal ein Schild „60“ auftaucht, dass dann aber nirgends aufgelöst wird und
für die gesamte Strecke gilt, denn es kommt immer wieder einmal so ein Schild und
immer wieder einmal ist versteckt eine Polizeistreife zu entdecken...
Kurz vor der Grenze gibt es
dann zu allem Übel auch noch eine Umleitung und wir müssen ca.10 km in Richtung Gebirge fahren, wo schon von
weiten zu erkennen ist, was gleich auf uns zukommen wird: Es sind nicht
nur dunkle Wolken, sondern auch richtig schöne Regenschwaden. Ich halte kurz
an, damit wir noch unsere Regenhandschuhe überziehen können und dann ergießt
sich der erste Schauer über uns. Pferdegspanne suchen Schutz unter Bäumen, die
Straßen werden zu Flüssen und entgegenkommende Autos spritzen meterhohe
Fontänen in die Höhe. Als die Umleitung vorbei ist, ist auch das Unwetter
vorbei. Das war die erste Regenprobe.
An der Grenze war alles
wieder trocken, wir tankten noch einmal den billigen Benzin in Bulgarien und
verließen dann dieses Land. Aber in Griechenland wurden wir auch nicht mit
Sonnenschein empfangen, so wie ich mir das eigentlich vorgestellt hatte. Gleich
ein paar Kilometer hinter der Grenze gab es den nächsten Regenschauer, der den
ersten noch einmal zu übertreffen versuchte. Zeitlich ist ihm das auf jeden
Fall gelungen. Die Schlaglöcher waren jetzt unsichtbar, denn sie waren unter
riesigen Pfützen verborgen. Das brachte interessante Überraschungen.
Jetzt hatte ich auch keine
Lust mehr auf weitere Pausen im Regen sondern sehnte mich nach der griechischen
Sonne oder nach einer trockenen Unterkunft. Die Fahrt im Regen dauerte jedoch
noch eine Weile, aber auch dieser Regenschauer hatte irgendwann einmal ein
Ende. Nur unsere Tour hatte immer noch
kein Ende. Aber Gott sei Dank war der Regen vorbei. Jetzt hätte ich gern meine
Regen-Überhandschuhe wieder ausgezogen. Mit diesen „Polo-Plastiktüten“ sind
meine Hände trocken geblieben, aber die Bewegung der Hände beim Kuppeln,
Bremsen oder Blinken ist halt eingeschränkt. Mir ist klar, dass es für Lorenz
kein Halt mehr gibt, bevor er nicht an seinem Ferienhaus angekommen ist. Für
einen kurzen Moment habe ich den Gedanken, die Überhandschuhe bei der Fahrt
auszuziehen, verwerfe ihn aber gleich wieder. Das ist einfach zu gefährlich. Also
weiter.
Übrigens habe ich entdeckt, dass ich mein Navi auch ohne detailliertes
Kartenmaterial hervorragend nutzen kann, denn es zeigt mir die großen Städte
und auch die Hauptstraßen an. Ich habe es auf den Maßstab 1cm = 12 km eingestellt und so sehe ich, dass wir uns langsam
der Küste und somit unserem Ziel nähern. Toll. Trotzdem wäre ich jetzt gern
diese Überhandschuhe los. An der nächsten Kreuzung merke ich zu spät, dass ich
die Wartephase bei Rot hätte nutzen können, um die Dinger los zu werden und so
warte ich auf die nächste rote Ampel. Die kommt dann auch und es gelingt mir,
ruck zuck, mich von den Handschuhen zu befreien. Jetzt macht Motorradfahren
wieder richtig Spaß, zumal ich dank meiner Regenkleidung auch trocken geblieben
bin.
Es sind nur noch 20 km bis zum Ziel und unsere Fahrt hat endlich bald ein
Ende.
Da setzt noch einmal ein
kurzer Regenschauer ein, aber der kann uns nichts mehr anhaben, denn wir wissen
in wenigen Minuten werden wir unsere Unterkunft erreicht haben.